Och nööö – nicht schon wieder Shakespeare! Und dann auch noch »Der Sturm«! Das war doch das Stück mit dem alten, weißen, entmachteten Herzog Prospero, der auf eine Insel verbannt wurde, weil er zu viele Zauberbücher gelesen hatte. Um sich zu rächen, engagiert er einen Luftgeist mit dem Namen eines Waschmittels, der mithilfe eines Sturms seine Feinde ebenfalls auf die Insel spülen soll. Dann zaubert er ihnen etwas vor und verheiratet seine Tochter Miranda mit dem Prinzen Ferdinand – und am Ende bekommt er was, er will. Bei Ariane Koch klingt das alles ein bisschen anders: Die Zauberin Pros musste mit ihrem Sohn Mir fliehen, weil sie offen die Herrschaft der Queen of Passports kritisiert hatte. Pros’ Verbündete sind der Luftgeist Ari und die selbst ernannte Insel-Präsidentin Calibané, die ihre Zeit am liebsten mit dem Anbau von Wein verbringt. Aris Sturm – stürmischer und zorniger als je zuvor – spült die Partygemeinschaft einer Luxusyacht an das Ufer der Insel – unter ihnen die Queen of Passports und ihre Tochter Fe. Auf der Insel kommt es zum Showdown, dunkle Geheimnisse kommen ans Licht – und plötzlich nimmt Pros’ Rache ganz neue Wendungen.
Die junge Schweizer Autorin Ariane Koch (*1988) erzählt in ihrer Bearbeitung von Generationenkonflikten und schafftes, ohne sich über Shakespeare zu erheben, die Figuren auf eine gesellschaftliche und politische Ebene zu überführen. Ganz nebenbei diskutiert sie totalitäre und willkürliche Machtstrukturen, Tourismus als koloniales Prinzip und die Endlichkeit der Ressource »Planet«. Das alles gelingt ihr, ohne ihren typischen poetischen, lustvollen und virtuosen Sprachwitz zu verlieren. Ariane Koch schreibt Theater-, Performance- und Prosatexte – und manchmal alles zusammen. Mit ihrem Stück »Extase« stand sie auf der Shortlist des Stückemarkts beim Berliner Theatertreffen und wurde 2021 mit verdeckt zum Schweizer Theatertreffen eingeladen.